Orkan in Karlsruhe am 26.12.1999


Geweckt wurden wir vom Gepolter der 3 x 1,5 m großen Wellbleche, die vom Firmengebäude neben uns abgerissen wurden. Drei davon machten sich selbständig und blieben zum Glück am Tor zur Straße hängen. Dann beobachteten wir ein quadratmetergroßes Stück Plexiglas, das, vom Winde verweht, wie ein wildgewordenes, herrenloses und tollwütiges Modellflugzeug durch die von Regen, Blätter und Zweigen durchpeitschte Luft schwirrte. Urplötzlich ging es über in einen Sturzflug, der eines großen Kamikazefliegers würdig gewesen wäre und landete - unter meinem Auto!

Unterdessen beobachteten wir die großen, alten Birken, die, das Grundstück unseres Vermieter umsäumend, durch die Macht des Sturmes schwer unter ihrer Last ächzten. Währenddessen, um größere Schäden am 'Heilige Blechle' zu verhindern, trotzte ich todesmutig den Gewalten der Natur und brachte unsere Liebsten (Carisma & Colt) in ein windgeschütztes Versteck. Selbstredend, daß alle Nachbarn diesem Beispiel folgten.

In diesem Moment sah ich es zum ersten Mal und dachte: wie irreal sieht es doch aus, wenn zwei ca. 8 Meter in der Höhe und 5 Meter im Umfang messende Stahlsilos sich an einen 320er BMW schmiegen. Verständnisvoll schenkte ich dem Schrott mit 4 Rädern einen letzten Blick, bevor ich mich mit einem gewagten Sprung in Sicherheit brachte.

Wohlbehalten erreichte ich unser nach wie vor sicher scheinendes Heim, um von meinem vor Sehnsucht nach mir wartenden Weib von der nächsten Hiobsbotschaft überrascht zu werden. Inzwischen waren zwei der oben bereits erwähnten, ca. 25 Meter hohen Bäume vom immer stärker tosenden Sturm gefällt worden.

Jetzt, da der schlimmste Schock langsam von uns wich, fanden wir wieder Zeit, an uns selbst zu denken. Wie spät war es? Wie sahen wir aus? Wir mußten Mittagessen! Schnell erledigten wir alles Notwendige, um uns auf den Weg nach Jöhlingen zu machen. Dort sollte uns eine gebratene Ente erwarten. Es war ja schließlich Weihnachten.

Die Fahrt zu meinen Schwiegereltern war die skurillste, die wir seit langem erleben mußten: umgestürzte Bäume, eingedrückte Zäune und abgesperrte Straßen waren noch das Harmloseste, was diese Fahrt mit sich brachte.

Doch das ist eine andere Geschichte!



- Ende –


zurück